Thema: Der Tod Jesu im Spiegel der Evangelisten
Dieses Mal von Meike Waechter
Die Evangelisten Matthäus, Markus Lukas und Johannes legen jeweils ihre eigenen Schwerpunklte und ihre eigene Theologie in ihre Berichte über das Leben Jesu. Die größte Übereinstimmung in ihren Evangelien findet sich in der Beschreibung der Kreuzigung Jesu. Alle vier schildern die Kreuzigung ausführlich und detailliert.
Trotz der großen Übereinstimmung unterscheiden sie sich wiederum in ganz zentralen Punkten. So überliefern sie unterschiedliche letzte Worte, die Jesus sterbend am Kreuz spricht. Damit legen sie auf diese letzten Worte ein besonderes Gewicht. Die letzten Worte können als Deutung für das ganze Leben Jesu gelesen werden oder als abschließenedes Vermächtnis, das gleichzeitig neue Perspektiven eröffnet.
Matthäus und Markus betonen die menschliche Seite Jesu, indem sie seinem Leiden am Kreuz Raum geben. Als letzte Worte überliefern sie den Schrei Jesu, der seine Verzweiflung und Gottverlassenheit zum Ausdruck bringt:
Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?
Ganz anders der Evangelist Johannes. Er betont Jesu göttliche Seite und seine Souveränität. Bis zum Schluss bleibt er der Handelnde, der das Geschehen beeinflusst und in der Hand hat. So schreibt Johannes:
Jesus spricht: Es ist vollbracht! Und er neigte das Haupt und verschied.
Aus diesen letzten Worten spricht Johannes Perspektive auf Jesu ganzes Leben und Tod. Zwei Aspekte kommen hier zum Ausdruck.
a) Es ist vollbracht - bezieht sich auf die Sendung Jesu Christi: In seinem Tod vollendet sich die Offenbarung Gottes, von der sein ganzes Leben Zeugnis ablegt.
b) Es ist vollbracht - beschreibt auch die Vollendung der Liebe Christi zu den Seinen. Jesu Tod ist der Höhepunkt seiner Hingabe.
Wir wissen nicht, welche Worte Jesus tatsächlich sterbend am Kreuz sprach. Das ist jedoch auch gar nicht entscheidend. Denn die vier Evangelisten geben uns durch ihre unterschiedlichen Interpretationen des Todes Jesu die Möglichkeit, unterschiedliche Perspektiven einzunehmen. Dadurch wird deutlich, dass sich Jesu Leben und Tod auf vielfältige Art und Weise deuten lässt. Und wir werden herausgefordert, immer wieder zu hinterfragen, welche Deutung uns persönlich wichtig ist.
Meike Waechter
Quelle: Die Hugenottenkirche. März 2018. Meike Waechter.
Bibelkontext: Matthäusevangelium - Der Tod Jesu
45 Von der sechsten Stunde an kam eine Finsternis über das ganze Land bis zur neunten Stunde. 46 Um die neunte Stunde aber schrie Jesus mit lauter Stimme: Eli, Eli, lema sabachtani!, das heisst: Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen! 47 Als einige von denen, die dort standen, das hörten, sagten sie: Der ruft nach Elija. 48 Und sogleich lief einer von ihnen hin und nahm einen Schwamm, tränkte ihn mit Essig, steckte ihn auf ein Rohr und gab ihm zu trinken. 49 Die anderen aber sagten: Lass doch, wir wollen sehen, ob Elija kommt und ihn rettet. 50 Jesus aber schrie noch einmal mit lauter Stimme und verschied.
51 Und siehe da: Der Vorhang im Tempel riss entzwei von oben bis unten, und die Erde bebte, und die Felsen barsten, 52 und die Gräber taten sich auf, und die Leiber vieler entschlafener Heiliger wurden auferweckt. 53 Nach der Auferweckung Jesu kamen sie aus den Gräbern hervor und zogen in die heilige Stadt und erschienen vielen. 54 Als aber der Hauptmann und seine Leute, die Jesus bewachten, das Erdbeben sahen und was da geschah, fürchteten sie sich sehr und sagten: Ja, der war wirklich Gottes Sohn! 55 Es waren dort viele Frauen, die von ferne zuschauten; sie waren Jesus aus Galiläa gefolgt und hatten ihn unterstützt. 56 Unter ihnen waren Maria aus Magdala und Maria, die Mutter des Jakobus und des Josef, und die Mutter der Söhne des Zebedäus.
Matthäus 27, 45-56
Bibelkontext: Markusevangelium - Der Tod Jesu
33 Und zur sechsten Stunde kam eine Finsternis über das ganze Land bis zur neunten Stunde. 34 Und in der neunten Stunde schrie Jesus mit lauter Stimme: Eloi, eloi, lema sabachtani!, das heisst: Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen! 35 Und einige von denen, die dabeistanden und es hörten, sagten: Hört, er ruft nach Elija! 36 Da lief einer hin, tränkte einen Schwamm mit Essig, steckte ihn auf ein Rohr und gab ihm zu trinken, und er sagte: Lasst mich, wir wollen sehen, ob Elija kommt und ihn herabnimmt. 37 Da stiess Jesus einen lauten Schrei aus und verschied.
38 Und der Vorhang im Tempel riss entzwei von oben bis unten. 39 Als aber der Hauptmann, der ihm gegenüberstand, ihn so sterben sah, sagte er: Ja, dieser Mensch war wirklich Gottes Sohn! 40 Es waren aber auch Frauen da, die von ferne zuschauten, unter ihnen Maria aus Magdala und Maria, die Mutter des Jakobus des Kleinen und des Jose, und Salome, 41 die ihm gefolgt waren und ihn unterstützt hatten, als er in Galiläa war, und noch viele andere Frauen, die mit ihm nach Jerusalem hinaufgezogen waren.
Markus 15, 33-41
Bibelkontext: Johannesvangelium - Kreuzigung und Tod Jesu
Sie übernahmen nun Jesus. 17 Er trug sein Kreuz selber und ging hinaus zu der sogenannten Schädelstätte, die auf Hebräisch Golgota heisst. 18 Dort kreuzigten sie ihn und mit ihm zwei andere, auf jeder Seite einen, in der Mitte aber Jesus. 19 Pilatus liess auch eine Tafel beschriften und sie oben am Kreuz anbringen. Darauf stand geschrieben: Jesus von Nazaret, der König der Juden. 20 Diese Inschrift nun lasen viele Juden, denn die Stelle, wo Jesus gekreuzigt wurde, lag nahe bei der Stadt. Sie war in hebräischer, lateinischer und griechischer Sprache verfasst. 21 Da sagten die Hohen Priester der Juden zu Pilatus: Schreibe nicht: Der König der Juden, sondern dass er gesagt hat: Ich bin der König der Juden. 22 Pilatus antwortete: Was ich geschrieben habe, das habe ich geschrieben.
23 Nachdem nun die Soldaten Jesus gekreuzigt hatten, nahmen sie seine Kleider und machten vier Teile daraus, für jeden Soldaten einen Teil, dazu das Untergewand. Das Untergewand aber war ohne Naht, von oben an am Stück gewoben. 24 Da sagten sie zueinander: Wir wollen es nicht zerreissen, sondern darum losen, wem es gehören soll. So sollte die Schrift in Erfüllung gehen, die sagt: Sie haben meine Kleider unter sich verteilt, und über mein Gewand haben sie das Los geworfen. Das also taten die Soldaten. 25 Beim Kreuz Jesu aber standen seine Mutter und die Schwester seiner Mutter, Maria, die Frau des Klopas, und Maria von Magdala. 26 Als nun Jesus die Mutter und den Jünger, den er liebte, neben ihr stehen sieht, sagt er zur Mutter: Frau, da ist dein Sohn. 27 Dann sagt er zum Jünger: Da ist deine Mutter. Und von jener Stunde an nahm der Jünger sie zu sich. 28 Danach spricht Jesus im Wissen, dass schon alles vollbracht ist: Mich dürstet! So sollte die Schrift an ihr Ziel kommen. 29 Ein Gefäss voll Essig stand da, und so tränkten sie einen Schwamm mit Essig, steckten ihn auf ein Ysoprohr und führten ihn zu seinem Mund. 30 Als Jesus nun den Essig genommen hatte, sprach er: Es ist vollbracht. Und er neigte das Haupt und verschied.
Johannes 19, 17-30
Bibelkontext: Lukasevangelium - Der Tod Jesu
44 Und es war schon um die sechste Stunde, und eine Finsternis kam über das ganze Land bis zur neunten Stunde, 45 und die Sonne verfinsterte sich; und der Vorhang im Tempel riss mitten entzwei. 46 Und Jesus rief mit lauter Stimme: Vater, in deine Hände lege ich meinen Geist. Mit diesen Worten verschied er. 47 Als aber der Hauptmann sah, was da geschah, pries er Gott und sagte: Dieser Mensch war tatsächlich ein Gerechter! 48 Und alle, die sich zu diesem Schauspiel zusammengefunden und gesehen hatten, was da geschah, schlugen sich an die Brust und gingen nach Hause.
49 Alle aber, die ihn kannten, standen in einiger Entfernung, auch die Frauen, die ihm aus Galiläa gefolgt waren, und sahen alles.
Lukas 23, 44-49